Eine Revolution ist am Laufen
Der why! ist der erste Computer, welcher zerlegbar und so durch sich selbst reparierbar
ist.
David Dräyer und Monique Centeno trafen sich mit François Marthaler, dem Unternehmensgründer von Why! bei der Open Computing SA in den Räumlichkeiten des Unternehmens, auf der zweiten Etage des Ladens «die gute Kombination» in Lausanne – eine gute Referenz in der Region um gegen programmierte Obsoleszenz zu kämpfen.
Bei unserer Ankunft hat uns François Marthaler sofort das «Tier» why! vorgestellt, einen Laptop den er umdrehte, um uns die Unterseite des Gerätes und den Bildschirm und die Tastatur zu offenbaren. Im Gegensatz zu dem Gerät, auf welchem ich diese Zeilen schreiben kann, ist das why! mit gewöhnlichen kleinen Schrauben versehen, die vollständig entfernt werden können.
Und er erklärt uns die Eigenschaften: Es ist das erste Gerät, das in der Schweiz hergestellt wurde, welches ursprünglich mit Linux (Ubuntu) installiert war, dass jeder persönlich reparieren kann.
Wie? Wir gehen auf die Website whyopencomputer.ch zu den «Reparaturanleitungen». Man muss einem Verfahrens-Ablauf folgen mit Fotos für jedes zu ersetzende Element und der Angabe der erforderlichen Arbeitszeit dafür. Plötzlich steht nun auf einer einzigen Bedienungsanleitungsseite einfach und klar begrenzt, was jenseits der Reichweite unserer Möglichkeiten schien! Man kann Teile und Zubehör bestellen, die neuesten Nachrichten zu dem Thema finden, die Spezialisten entdecken oder finden, die Why! verkaufen. Oder lernen, wie man die kostenlosen Programme Open Office, Thunderbird, Openshot oder Shotwell herunterlädt, um uns von der Abhängigkeit von traditionellen Marken zu befreien. Es ist vor allem eine freundliche Website, die zur gemeinsamen Nutzung von Wissen im Sinne von Open Source einlädt, die die Welt durch das Internet erhalten hat.
Kurz: Es ist alles da für unsere neuen Computer Why! damit er mindestens zehn Jahren lebt, ohne dass unverhältnismässig hohe Kosten anfallen. Es gibt auch ein Projekt zu virtuellen Speicher (in der Zusammenarbeit mit der Schule HEC Lausanne): Die Menschen könnten ihre aktuellen Geräte, welche defekt oder zu alt sind, im Internet zur Verfügung stellen. So könnten die zu ersetzenden Teile direkt beim Eigentümer der defekten Geräte abgerufen werden, damit die noch guten anderen Geräte repariert werden könnten.
Was hat Sie, François Marthaler, motiviert in nur 20 Jahren das Geschäft «die gute Kombination» zu lancieren? Ein Geschäft, in dem es seit 1980 möglich ist, unsere alten Geräte zu reparieren, und ein Geschäft, welches zum Zentrum und Symbol des Kampfes gegen die programmierte Obsoleszenz wurde? –Ich war über die Welt, die unsere Gesellschaft umgibt empört. Und es gab 1987 den Brundtland-Bericht und 1992 denjenigen von Rio 92. Es war auch die Zeit, als ich mich weigerte, meinen Militärdienst zu machen und dazu direkt an Georges-André Chevallaz schrieb, dass ich dazu nicht bereit sei. Ich wollte meine sieben Monate im Gefängnis nicht absolvieren und liess mich dafür später an der Grenze erwischen, um sie endlich durchzustehen. «Die gute Kombination», war eine logische Folge dieses Kampfes.
Und was hat Sie später bewogen, von 2004-2012 Grossrat (der Grünen) des Kantons Waadt zu werden? – «Die gute Kombination» war eine gute Sache, aber es waren nur ein paar tausend Kunden von den Auswirkungen überzeugt. Ich wollte wirksamer sein.
Was sind die politischen Errungenschaften, die Sie am meisten zufrieden stellen? – Ich war unter anderem für die Infrastruktur und IT verantwortlich. Daraus habe ich eine starke Entwicklungseinheit mit 3.5 Arbeitsplätzen geschaffen, die schliesslich den Grossrat dazu führte die Nachhaltigkeit als Gesamtobergrenze des staatlichen Handelns im Gesetzgebungsprogramm 2007-2012 einzubeziehen und sie ist grundsätzlich auch im Programm 2012-2017 gestärkt enthalten. In diesem Zusammenhang setzen wir die Ziele kurz-, mittel-und langfristig, bis 2050. Nicht nur dass diese Ziele eingehalten werden, in der Zwischenzeit wurden sogar zusätzliche Ziele bis zum Jahr 2050 in das Programm aufgenommen. Meine Arbeit wird Auswirkungen auf mindestens die nächsten 40 Jahre haben. Während dieser Zeit habe ich ein Ausschreibungsverfahren für Beschaffungskriterien geschaffen, im dem Sinne, dass Unternehmen, die tatsächlich für die Nachhaltigkeit sind in der einen oder anderen Art erkennbar werden und ihnen zu ermöglichen, in der einen oder anderen Art mehr zu bieten und zu verlangen als der günstigste Anbieter.
Wie sind Sie dazu gekommen die Gesellschaft Why! Open Computing AG zu gründen? – Ich verliess den Grossrat im Juli 2012 mit meinem Laptop unter dem Arm. Ich wollte, Linux installieren und ich erkannte, wie schwierig es ist, ein kostenloses Programm zu installieren bei Computern mit vorinstallierter Software von Microsoft und anderen. Ich suchte mehrere Wochen lang und gleichzeitig hat sich dabei mein Projekt präzisiert.
Wer sind derzeit die Why!-Kunden? – Das Durchschnittsalter der Käufer ist derzeit recht hoch, rund um die 60 Jahre. Junge Menschen zu erreichen ist nicht einfach: Sie verbinden sich z.B. sehr gerne mit einer Marke wie Apple, was ihnen das Gefühl der Zugehörigkeit gibt, wie zu einer Familie, die wahrscheinlich für sie wichtiger ist als Umweltschutz oder die Manipulation von grossen Marken.
Was halten Sie vom politischen System der Schweiz? – Ich bin sehr beruhigt, über unsere Demokratie. Trotz der Tatsache, dass ich im Gefängnis war, wurde ich in den Grossrat des Kantons Waadt gewählt. Dies ist ein sehr gutes Zeichen.
François Marthaler hat noch über das gesprochen, was er die Dritte Industrielle Revolution nennt: Wissen wird global zugänglich, es zirkuliert, wird geteilt und der Austausch ist frei von jeglicher Vorstellung von Eigentum und Patent. Hingegen in der Produktion, wenn die Ideen im Material verankert werden, wird es lokal. Zum Beispiel gibt es eine praktische Anwendung mit den 3D-Druckern, die im Prozess der Demokratisierung sind: Für mich alleine werde ich nicht Stunden damit verbringen, um Pläne für ein gebrochenes Teil vorzubereiten. Aber wenn diese Arbeit mit anderen geteilt werden kann, und so die Investition von viel Zeit vermieden wird, erhält es eine schöne Bedeutung, an diese Arbeit zu gehen.
Am Ende der Unterhaltung sagt uns François Marthaler, dass er immer liebte, was er tat, auch wenn es manchmal schwierig war und wir glauben ihm das leicht, weil er so strahlt, wenn er von seinen spannenden Projekten erzählt.
Sehr geehrter Interessent im Kampf gegen die programmierte Obsoleszenz, Sie haben die Möglichkeit Massnahmen zu ergreifen:
whyopencomputer.ch.
Siehe illustrierte Ausgabe (pdf, 124 Ko)
DEZ 2013